Interview mit Waltraut Hering

geführt für die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. von Laura Peter am 14. April 2023 in Leipzig

Nach dem Transkript überarbeitete und redigierte Fassung von Waltraut Hering, Laura Peter und Kathrin Will.

Rechte vorbehalten.

 

I: Das Interview heute wird geführt mit Frau Waltraut Hering, sie ist Zeitzeugin. Das Interview führt Laura Peter. Anwesend ist Kathrin Will. Es ist der 14. April 2023. Wir sind bei Waltraut Hering zu Hause. Danke, dass Sie sich bereit erklärt haben, das Interview mit uns zu führen. Als Einstieg haben wir eine Frage zu Ihrem Hintergrund: Erzählen Sie uns doch bitte, welchen Bezug Sie zu Leipzig haben?

 

B: Das ist rein zufällig geschehen, denn die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft hatte sich ja vermutlich im März 1993 gegründet, ja? (I: Offiziell im Januar.) Ja. Und im März erschien in der Leipziger Volkszeitung eine Einladung für interessierte Frauen, die das Bedürfnis hatten, sich näher mit Louise Otto-Peters und mit ihrem Leben zu beschäftigen. Treffpunkt war das Schillerhaus. Und wir liefen dann durch das Rosental zum Denkmal von Louise Otto-Peters. Und ich wusste bis dahin eigentlich gar nicht, dass sie auch Schriftstellerin und Dichterin war. Mir war Louise Otto-Peters durch den Film von Hedda Zinner bekannt, der einen Lebensabschnitt in Oederan verfilmt. Und dort tritt sie sehr resolut und energisch auf und ruft die Frauen zum Widerstand auf und sie engagiert sich, dass sich die Frauen selbst um ihre Rechte kümmern. Und das hat mich sehr beeindruckt, denn ich bin auch nicht angepasst. (lacht leise) Und ich habe eigentlich auch immer das durchgesetzt, was ich wollte. Ich ging also hin, und dort waren etwa 20 Frauen zusammengekommen. Johanna Ludwig begrüßte uns, stellte sich vor. Godula Kosack war mit anwesend. Godula Kosack hat einen Text von Louise Otto mit dem Inhalt zitiert, dass in 50 Jahren oder in der nächsten Zeit, die Frauen ihre Rechte geltend machen. Und dass dann auch die Rechte verwirklicht werden. Und da haben wir alle geschmunzelt. (lacht leise) Louise war eben so. Ich habe ja das Buch, was Johanna über den Lebensweg von Louise Otto-Peters verfasst hat. Und da muss man schon sagen, was dieses Mädchen, es war ja erst ein Mädchen, in jungen Jahren geleistet hat und was sie dann, als der Frauenverein gegründet wurde, mit 46 Jahren geleistet hat. Also nicht mehr jung und auch nicht alt. Und wie resolut sie immer aufgetreten ist, aber gleichzeitig auch so warmherzig und einfühlsam. Und dass sie zu allen Kontakt bekam, das hat mich doch beeindruckt. Und dann wurde sie auch gedemütigt. Von den Herren, als sie „Schloss und Fabrik“ veröffentlichte. Und das ist hart.

 

I: Genau, das war also Ihr erster Kontakt zur Louise-Otto-Peters-Gesellschaft?

 

B: Ja. Das ist sehr hart. Das ist die eine Seite. Johanna Ludwig hat dann vielleicht sicher, ich kann mich da nicht so genau erinnern, eingeladen, die Gesellschaft zu besuchen oder den Vorstand zu besuchen. Und da bin ich dann auch hingegangen. Die andere Seite ist, ich bin schon immer an Geschichte interessiert. Nicht nur Frauengeschichte, sondern auch an anderen Ereignissen. Ich möchte schon wissen, wann ist was und weshalb entstanden und wie hat sich das entwickelt? Zum Dritten kommt dazu: Ich war ja eng mit der Geschichte von Henriette Goldschmidt verbunden. Die beiden Frauen hatten eigentlich die gleichen Ziele, sie sind nur unterschiedliche Wege gegangen. Und was Henriette Goldschmidt geleistet hat, war auch nicht wenig. Ich weiß, gar nicht, wann sie nach Leipzig mit ihrem Mann gekommen ist? Auf alle Fälle war es der Zeitpunkt, als jüdische Bürger offiziell das Bürgerrecht erhielten, denn ihr Mann war ja Prediger und hat die jüdischen Kinder in Religion unterrichtet. Ja, und seine Frau, also die Henriette, hat ja den Mann ihrer Schwester geheiratet. Und der hatte zwei Kinder. Und die Frau war so herzensgut zu den Kindern. Und dann war sie auch stark beeindruckt von Friedrich Fröbel. Sie war ja eine Fröbel-Pädagogin. Und sie hat ja auch Schriften verfasst: „Was ich von Fröbel lernte und lehrte“. Und Henriette Goldschmidt fühlte sich gerade von diesem Mann und seinen Ideen angezogen. Und erstaunlicherweise hatte ich dann von 1971 an die Aufgabe, die Schülerinnen oder Studentinnen der pädagogischen Fachschule in Geschichte der Vorschulerziehung zu unterrichten. Also, es liegt alles nah beieinander. Und zum Dritten: Ich wurde ja bereits 1992 in den sogenannten Ruhestand geschickt. Das war für mich nichts. Denn ich habe 44 beitragspflichtige Rentenjahre. Und in diesen 44 Jahren habe ich auch etwas geleistet. Und jetzt plötzlich fehlte mir ein sinnvoller Lebensinhalt. Ich wurde nicht mehr gebraucht. Weg. Von heute auf morgen. Da ist man gar nicht vorbereitet. Und wenn man Pädagoge ist, hat man nicht viele Möglichkeiten, irgendwie anders tätig zu sein. Entweder man ist es oder man ist es nicht. Und nun war ich auf der Suche nach einem neuen Lebensinhalt, und ich wollte mich schon nützlich machen, weil ich dachte, das kannst du. Man muss es versuchen, was man kann. Also das sind jetzt meine Gründe.

 

I: Und dann sind Sie Mitglied im Verein geworden, in der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft? (B: Genau.) Was haben Sie denn für die Gesellschaft gemacht? Also welche Ämter und Aufgaben haben Sie übernommen?

 

B: (lacht) Das war auch ein Wagnis. (lacht) Also es wurden ja noch Vorstandsmitglieder gesucht. (I: 1993 oder wann?) Ja. Denn es gab ja eine Fülle von Aufgaben gleichzeitig zu lösen. Hier steht es im Programm. (Papier raschelt) Es war gleichzeitig zu lösen, die Erforschung, die Dokumentation und als Auskunftsstelle zu wirken. Also ich habe mich nicht an diesen Tätigkeiten beteiligt, sondern ich war für die Buchführung und die Abrechnung zuständig. Das war nicht wenig Arbeit. Denn wir hatten in der Anfangszeit eigentlich nichts. (lacht kurz) Wir hatten nur uns. Wir hatten keinen Computer. Und Johanna brachte die Neuen Bahnen und die mussten schnell kopiert werden. Wir hatten keinen Computer, wir hatten kein Papier und im Kopieren waren wir auch nicht geübt. So, das war der allererste Anfang. Was wir allerdings hatten, waren immer Fördermittel. Und das hat uns geholfen, das zu finanzieren. Es musste dann sortiert, gebunden werden. Das kostet ja alles Geld. Und das war schon das Erste, was wir archiviert haben. Diese Jahrgänge waren nicht vollständig, aber das haben wir ja als erstes archiviert. Es wurde immer alles gleichzeitig ineinander gesetzt. Wir haben nicht erst das gemacht und dann das. Nein. Es war dann gleich auch von der Johanna… Die ist ja einmalig, von der wissenschaftlichen Seite garantiert und sie hat auch ein ungeheures Organisationstalent.

 

I: Von welchem Zeitraum reden Sie ungefähr, wenn Sie die Anfangszeit meinen?

 

B: Ich bin ja dann 1993 Mitglied geworden, und das war unsere ersten Anfänge. Und zu dieser Zeit hatten wir auch keine gute Unterkunft.

 

I: Und sie haben dann die Buchhaltung gemacht?

 

B: Ich habe dann die Buchführung gemacht. Wir hatten in der Anfangszeit etwa vier Projekte im Jahr. Und dann hat sich die Zahl der Mitglieder erhöht. Wir hatten dann später, glaube ich, in etwa 90 Mitglieder. Und wenn wir den Louise-Otto-Peters-Tag gestalteten, dann musste auch die Unterkunft für die Referenten organisiert werden. Dann musste die Verpflegung organisiert werden. Dann wurden Reisekosten abgerechnet. Also, es war nicht wenig.

 

I: Bleiben wir mal bei den Louise-Otto-Peters-Tagen. Welche Veranstaltungen zur Frauengeschichte hat die Gesellschaft gemacht und welche sind Ihnen denn besonders in Erinnerung geblieben? Und warum? Können Sie da vielleicht ein bisschen was erzählen?

 

B: Ja. Die erste große Veranstaltung, wenn ich mich richtig erinnere, war in Kleinzschocher, in der Gießerstraße, in einem großen ehemaligen Tanzlokal, Mätzschkers Festsäle. Und dort wurde wahrscheinlich, das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, unsere Gründung gefeiert. Denn es kam die Frau Kemp als Henriette Goldschmidt und die Godula Kosack eventuell als George Sand oder Olympe de Gouges. Da kann ich mich nicht recht erinnern. Es war recht lustig. Und es waren sehr, sehr viele Gäste da, auch von anderen Frauenvereinen. Und das ist mein erster Eindruck gewesen. Daran erinnere ich mich sehr gern. Also jetzt nicht nur an die Louise-Otto-Peters-Tage, sondern auch an unsere Sommerreisen oder Ausflüge. Das war immer sehr interessant, weil man hat dann neue Eindrücke bekommen, der Horizont wurde erweitert. Besonders in Erinnerung sind mir zwei Veranstaltungen. Die eine Veranstaltung war, wir waren in Schulpforta, das ist im Saaletal und ist sicher eine ehemalige Klosterschule und dann eine Internatsschule zu DDR-Zeiten für Mädchen gewesen. Das weiß ich mit Sicherheit, weil eine Kollegin von mir ihre Tochter dort in die Schule eingewiesen hat. Und in diesem Zusammenhang waren wir auch noch in den Franckeschen-Stiftungen in Halle. Und ich gehe wahnsinnig gerne in das Museum. (lacht) Das war eine Fülle von Eindrücken. Was dort alles gesammelt wurde. Also vor allen Dingen waren Schulpforta und auch die Franckeschen-Stiftungen sehr auf Naturwissenschaften ausgerichtet, nach meiner Ansicht. Aber auch auf kulturelle Gegenstände aus der Vergangenheit. Aber in der Mehrzahl auf Naturwissenschaft. Ja, dann war mir noch eine Veranstaltung sehr wichtig, als wir in Dresden waren. Dort gab es eine Ausstellung von Künstlerinnen zu Frauen. Und noch etwas war wichtig: der Besuch im Museum hier bei uns. (I: In Leipzig?) Ja, wir hatten dort auch Bildnisse von Frauen gesehen. Ich weiß, ich habe Ihnen ja die Karte von Henriette Goldschmidt und der Louise Otto mitgegeben. Wenn man diese Frauen sieht, dann weiß man, das waren Unternehmerinnen allererster Güte. Das waren Unternehmerinnen.

 

I: Sind Sie stolz auf das, was Sie für die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft geleistet haben? (B: Ich?) Würden Sie sagen, dass es etwas Besonderes ist?

 

B: Was habe ich denn geleistet? (lacht) Das sagte ich ja schon, ich war insbesondere für die Abrechnung verantwortlich. Ich hatte, so wie Herr Thurm heute, auch jedes Jahr den Rechenschaftsbericht zu leisten. Wir wurden sehr gut vom Referat für Gleichstellung unterstützt. Aber ich musste am Anfang auch direkt zum Finanzamt gehen (lacht) und dort unsere Abrechnung vorlegen. Und das war ich nicht gewöhnt. (lacht)

 

I: Ja. Waren die Finanzen eine Herausforderung? (B: Das war für mich eine große Herausforderung.) Und für den Verein auch?

 

B: Ja, ich denke, der Verein war mit mir zufrieden. (lacht leise)

 

I: 1997 konnte das Louise-Otto-Peters-Archiv eröffnet werden. Können Sie sich daran erinnern? Erzählen Sie uns doch bitte davon.

 

B: An den Vorgang direkt wenig. Wo wurde denn das eröffnet? Das wurde, glaube ich, in der Waldstraße eröffnet. (etwas unsicher), Und dort hatten wir auch Platz. Wir hatten auch viele interessierte Gäste, die sich für den Inhalt interessierten, was doch archiviert war. Es hat sich auf alle Fälle gelohnt, weil dort anfangs auch eine sehr starke Nachfrage zu verzeichnen ist. Wie die Nachfrage dann ist, weiß ich nicht. Ich weiß auf alle Fälle, die Frau Kunze hat das Archiv auf alle Fälle geleitet. Und die Frau Kunze war eben auch die Person, die in der Lage war, zu beraten, Auskunft zu geben, wenn jemand Fragen hatte. Die Frau Kunze weiß alles. Das ist heute noch so, wenn ich dann sage: „Barbara, wie war denn das mit dem Angelika-Hartmann-Haus?“ Da sagt sie: „Da kann ich dir mal einen Artikel schicken.“ Das macht sie dann auch. Weil mich das Angelika-Hartmann-Haus auch interessiert. Sie war ja eigentlich ein Pendant zu Henriette Goldschmidt. Sie hat zwar auch immer nach Fröbel gearbeitet, aber sie hat den Unterricht in den Vordergrund gestellt und Fröbel hat das Spiel in den Vordergrund gestellt. Und das ist eigentlich das, wo man sagt, das ist nicht kindgerecht.

 

I: Sie waren von 2000 bis 2001, glauben wir, im Vorstand. (B: Ich glaube acht Jahre.) Acht Jahre? Okay, also länger. Sie waren im Vorstand der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft, mehrere Jahre. (B: Ja.) Wissen Sie noch von wann bis wann ungefähr? Wissen Sie noch, wann Sie ungefähr im Vorstand gewesen sind?

 

B: Von Anfang an. (I: Von 1993 an?) Ja.

 

I: Gut. Irgendwann um das Jahr 2000 herum hat die Louise Otto-Peters-Gesellschaft einen Computer bekommen und eine Internetseite ist online gegangen. Können Sie uns dazu was erzählen? (B: Nein.) In Leipzig gab es einen FrauenTechnikZentrum, hatten Sie dorthin Kontakt? (B: Eventuell ja, aber ich nicht.) Können Sie was dazu sagen, welche Chancen die Arbeit mit dem Computer beziehungsweise das Internet für die Gesellschaft eröffnet hat?

 

B: Da ist meine Meinung gespalten. Das Internet ist mir fremd. Und sicher ist es ein technischer Fortschritt. Ich erlebe das aber in meiner Familie, also selbst meine Urenkel sind online unterwegs. Aber mir sagt so etwas viel mehr: Es spricht mich an, wenn ich ein Schriftstück vor mir sehe. Und wissen Sie, was mich besonders anspricht? Das ist das „Schneeglöckchen“. Das „Schneeglöckchen“ war eins der ersten Gedichte, was veröffentlicht und auch vertont wurde. Das vergisst man nicht. (blättert) Ich finde auch, gerade als älterer Mensch ist mir das Internet zu schnell. Ich habe mir jetzt nochmals das Buch von Johanna vorgenommen. Das ist so ergreifend, wie die Johanna die Louise schildert. Das geht verloren, wenn ich das im Internet höre.

 

I: Wie kam es eigentlich dazu, dass die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft so häufig umgezogen ist, zwischen 1993 und 2015?

 

B: Ich nehme an, das hängt mit den Eigentumsverhältnissen der Vermieter zusammen. Wie gesagt, am Anfang waren wir im Heinrich-Budde-Haus. Das war das Clubhaus schon zu DDR-Zeiten und die ehemalige Bleichert-Villa. Dann war das Heinrich-Budde-Haus aber schon voll vermietet. Wir hatten eine kleine Kammer, die Hälfte von dem Tisch, an dem wir jetzt sitzen. Dann kamen maximal sechs Stühle rein und ein Regal. Und das war es. Wir hatten zwar den Vorteil, dass wir den Saal nutzen konnten, zum Beispiel für die Louise-Otto-Peters-Tage. Und wir hatten auch den Vorteil, dass dort eine Küche vorhanden war. Und da hat zum Beispiel die Frau Garz drin gewirkt. (lacht) Am Anfang hatten wir ja noch sehr viel Bewirtung. Auch die russische Frau, ich weiß nicht, wie sie hieß? (überlegt) Die hatte auch Töchter, die Malerinnen waren und dort ausstellten. Es ist die Frau, deren Mann jetzt dement ist. – Die kam immer mit der Ingrid Müller. (I: Frau Olshanytska vielleicht?) Richtig. Und die war sehr ideenreich. Wie sie unser Buffet immer gestaltet hat und das Abendessen, das war wunderbar. Dann war es auch so, als wir noch im Heinrich-Budde-Haus waren und den Saal zur Verfügung hatten, dass wir, weil es schon November war, Stolle, Kaffee, Tee, Gebäck hatten. Es war alles wählbar, es musste aber bezahlt werden. Wir mussten auch Eigenmittel einnehmen. Und wir mussten ja jeden Fördervertrag gegenfinanzieren. Und zu dieser Gegenfinanzierung muss ich noch etwas ergänzen: Wir hatten sehr viele Werbetafeln, wo die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft sich vorstellte, nicht nur als Organisation, sondern auch ihre inhaltliche Arbeit dokumentierte. Und diese Werbetafeln, die wurden verliehen für Interessenten und Vereine in ganz Deutschland. Und die Johanna ist auch dort gewesen und hat dort Vorträge gehalten und hat uns vorgestellt. Wir waren ja nicht nur in der Stadt und in Sachsen präsent, wir waren ja in der ganzen Bundesrepublik präsent. Ich kann mich erinnern, dass wir in Düsseldorf zu einer gesamtdeutschen Frauenkonferenz über Olympe de Gouges eine sehr gute Ausstellung hatten. Das musste aber auch angefertigt werden. Und zwar hat das die Frau… (überlegt) Wir hatten eine ständige Grafikerin. Die war gleich in der Waldstraße neben unserem Haus. Die war hervorragend von der Gestaltung und von der Kunst her. Die hatte wirklich Ahnung von Kunst. Und das hat dort sehr großes Aufsehen erregt. Da war sogar die Frau Doktor Süßmuth an unserem Stand. (lacht)

 

I: Ich würde dann vielleicht bei der Arbeit im Verein bleiben. Warum war es wichtig für die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft ABM-Stellen zu haben?

 

B: Richtig. Also einmal wurde ich meinen, es hängt ganz von der Qualifikation ab., Was diese Person eigentlich mitbringt. Ob sie nur für Organisatorisches geeignet ist, was keine Abwertung darstellen soll, oder ob sie auch inhaltlich arbeitet? Was machen Sie? Sie haben keine ABM-Stelle, aber Sie sind trotzdem für uns wichtig. (lacht leise) Wir hatten mal eine Frau, da kann ich mich nicht so genau erinnern, aber sie hat sehr viel inhaltlich organisiert. Ach, die Frau Kollecker. Frau Kollecker hat viel gemacht.

 

I: Aber würden Sie sagen, es war wichtig für die Gesellschaft, am Anfang diese ABM-Stellen zu haben? (B: Richtig.) Gab es Unterschiede zwischen ehrenamtlichen und ABM-Beschäftigten? (B: Wie meinen Sie das?) Im Verhältnis zueinander. (B: Keine.) Wie haben Sie denn die anderen Aktivistinnen aus Westdeutschland erlebt?

 

B: Gemischt. (lacht kurz) (I: Können Sie das ausformulieren?) Also einerseits waren die Frauen aus Westdeutschland, wie zum Beispiel Godula Kosack oder auch andere, meistens Wissenschaftlerinnen, die wir kennengelernt haben. Die waren schon sehr selbstbewusst und selbstständig und haben auch sehr viel geleistet. Mir fällt die ganze Zeit nicht ein, wie die Frau hieß, die aus den USA kam. Wissen Sie das? Das war doch eine Wissenschaftlerin, die auch zu Louise Otto-Peters oder zu Frauenrechten geforscht hat. Und die war ja eng liiert mit der Universität hier in Leipzig und auch mit Ilse Nagelschmidt. Die kam hin und wieder. Und sie war vielleicht zwei- oder dreimal in Deutschland. Und wenn die in Deutschland war, kam sie auch zu uns nicht direkt, aber sie hielt Vorträge, zu denen wir auch Zugang hatten. Und das war eine interessante Frau. Oder auch eine Frau Schröder. Frau Schröder gab es ja zwei in Westdeutschland. Ich meine jetzt die jüngere Frau Schröder. Die hat ja auch sehr gute Vorträge bei uns zum Louise-Otto-Peters-Tag abgehalten. Auch wenn ich an Godula Kosack denke, die war ja ständig da, also, wenn sie da war. (lacht) Die war ja viel international unterwegs. Aber die hat dann immer gesagt, so geht es oder so geht es nicht. Die hat da schon Erfahrung gehabt. Und das hat uns natürlich gefehlt. Insofern war das eine wichtige Unterstützung. Auf der anderen Seite erinnere ich mich an unseren ersten Louise-Otto-Peters-Tag. Ich will das nicht abwertend sagen. Da ging es um die neue Mütterlichkeit in Westdeutschland. Das war für uns fremd. Denn das hatten wir schon lange. (lacht) Denn wir hatten ja das Glück, dass jede Frau, die arbeiten wollte, auch Arbeit bekam, also gebraucht wurde. Und wenn ich an meine Familie denke: ich wurde gebraucht. Nun hatte ich das Glück, dass ich meine Kinder immer mit in den Kindergarten nehmen konnte. Aber ich bin ja nicht ewig Kindergärtnerin geblieben. Und da musste eben auch die Familienatmosphäre stimmen. Zum Beispiel, als ich zwei Jahre in Berlin an der Humboldt-Universität studierte, hat mein Mann alles gemacht. Also mehr möchte ich dazu nicht sagen. Ach so, doch. Ich habe eine Cousine. Also, ich habe viele Cousinen in Westdeutschland, weil mein Vater aus Westdeutschland stammt. Die hat 1950 zu mir gesagt: „Ich wäre auch gern arbeiten gegangen, aber mein Mann hat es nicht erlaubt.“ (lacht kurz) Ja.

 

I: Wie haben Sie denn die bundesdeutsche Frauenpolitik nach der Wiedervereinigung erlebt?

 

B: Frauenpolitik? (überlegt) Also ich würde sagen, sie wird wenig unterstützt. Also wenn man sich nur streitet, dass die Stellen besetzt werden für so und so viel Frauenanteil, das reicht nicht, weil die gesellschaftlichen Bedingungen fehlen. Es können doch ganz wenige Frauen in hochrangigen Positionen arbeiten. In der DDR war das auch nicht so oft möglich. Es hing aber mit der Bildung zusammen, meines Erachtens nach. Die Frauenbildung musste sich ja auch erst entwickeln. Wenn ich zum Beispiel… Ich lasse meine Wäsche waschen. Die Frau war Maschinenbau-Ingenieurin. Oder auf dem Kran hat eine Frau gearbeitet. Oder LPG-Vorsitzende war eine. Oder ich weiß nicht, was noch? Und da ist die Frauenpolitik heute nicht vergleichbar mit der zu DDR-Zeiten. Denn das ist ja heute so, gerade gegenwärtig und aktuell, es hängt nicht nur mit der Regierung zusammen, es hängt auch mit der ganzen gesellschaftlichen Entwicklung zusammen. Wenn ich zum Beispiel denke oder bedenke, was kann sich eine Frau heute eigentlich für Berufswünsche erfüllen? Es ist immer noch schwer. Es fehlt an der Bildung, es fehlt am Geld. Es fehlt an den gesellschaftlichen Möglichkeiten. Ich habe eine neunzehnjährige Urenkelin, die weiß genau, was sie will. Die kann es auch. Aber sie war zum Beispiel als Vierzehnjährige im Praktikum bei BMW. Das war Pflicht. Sie interessiert sich sehr für Technik. Sie hat dort nicht in der Technik arbeiten können. Es war ein Junge. Das hat sie nicht verkraftet. Es ist sehr, sehr schwierig. Auch meine Enkeltochter, die in Hamburg lebt, die hat drei Berufe. Und im Letzten wurde sie angenommen. Es war irgendwas mit Verwaltung. Aber sie ist Ingenieurin für Gartenbau. Also, ich meine, sie hat ihr Brot, und sie kann das auch alles arrangieren. Sie hat auch die Unterstützung von ihrem Mann und von ihren Kollegen. Die arbeiten, glaube ich, Teilzeit, das kann ich nicht genau sagen oder teilweise zu Hause. Aber es hat eine Frau heutzutage sehr viel Schwierigkeiten. Es werden ihr viele Steine im Weg gelegt.

 

I: Wenn wir noch mal zum Verein und in die Neunziger kommen: würden Sie sagen, es gab Konflikte zwischen ost- und westdeutschen Frauen im Verein?

 

B: Also ich kann da nur meinen Eindruck schildern. Ich denke, die Frauen in Ostdeutschland werden gleichgültiger. Man muss eben auch scheitern können. Und wenn ich das nicht kann, kann ich vielleicht das. Oder wenn ich die Stelle nicht bekomme, dann mache ich etwas Anderes. Ich möchte heute nicht nochmal jung sein. Ich meine, abgesehen davon, dass ich sowieso nicht jung bin. (lacht kurz) Aber ich hatte bessere Bedingungen. Ich hatte bessere Bedingungen.

 

I: Was hat die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft gemacht, um historische Frauen-Persönlichkeiten in der Stadt sichtbarer zu machen?

 

B: Ja. Eine ganze Menge. (lacht kurz) Um es sichtbar zu machen, zum Beispiel die Frauen-Straßennamen. Gleich hier um die Ecke ist die Hedwig-Burgheim-Straße. Oder die Louise-Otto-Peters-Allee. Dann hat sie verhindert, dass die Henriette-Goldschmidt-Straße umbenannt wurde. Sie sollte nämlich Kurt-Masur-Straße heißen. (lacht kurz) Na ja, Kurt Masur ist bekannt und eine sehr herausragende Persönlichkeit. Es ist aber die Henriette-Goldschmidt-Straße geblieben. Und dann hat Johanna sehr lange darum gekämpft, dass überhaupt die Louise Otto-Peters ins Blickfeld gerückt wurde. Am Connewitzer Kreuz haben wir an der Kaufhalle eine Tafel aufgestellt. Ist die noch dran? Dann hatte Johanna Ludwig gewollt, dass die Louise Otto-Peters in der Stadt einen Namen bekam. Bekam sie aber nicht. Es wurde auch… Hier ist das Bild: (Papier raschelt) „Frauenrechte sind Menschenrechte“, das ist zum internationalen Frauentag entstanden. Und wir sind eigentlich immer präsent gewesen, nicht nur zu solchen großen Feierlichkeiten, sondern auch bei den sogenannten Bürgerfesten. In den Stadtvierteln finden ja die Bürgerfeste statt. Und wir hatten dort immer einen Tisch mit Werbematerial. Wir sind aber auch in Gartenvereine gegangen und haben mit den Kindern, wenn dort Vereinsfest war, gespielt, gebastelt, gefaltet. Das haben wir eigentlich gemacht, auch alles ehrenamtlich.

 

I: Wir haben auf vielen Aktionen rund um den Kampf um das Henriette-Goldschmidt-Haus und bei vielen Fotos bei Aktionen rund um den Kampf um das Henriette-Goldschmidt-Haus auch gesehen, dass da viel für Kinder gestaltet wurde. Und Sie haben das ja jetzt auch erwähnt. War der Gesellschaft das wichtig, bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit was für Kinder mitzugestalten?

 

B: Ich glaube, jetzt haben sie gar keine Zeit dafür. (I: Ich meinte damals in den Neunzigern.) Damals? (I: Ob Ihnen das wichtig war, für Kinder etwas zu gestalten?) Mir war das schon wichtig. Denn auf der anderen Seite ist ja Auguste Schmidt, die war ja Lehrerin und die wir auch im Gartenverein organisiert. Und die Auguste Schmidt hat ja auch für Kinder solche Möglichkeiten geschaffen. Zum Beispiel ist im Rosental der Spielplatz. Sie hat sich auch im Schreberverein engagiert. Und wir waren zum Beispiel eines Tages auch im Museum des Schrebervereins. Da war ich leider nicht mit. Wir haben eigentlich nichts ausgelassen. Gerade, als wir im Schreberverein waren, im Museum, haben wir uns dann anschließend im Capa-Haus getroffen, zum Kaffeetrinken. Dort wurde ein sehr interessanter Film vom Mitteldeutschen Rundfunk über den Robert Capa gezeigt, wie er dann ums Leben gekommen ist. Das war am Ende des Krieges. Also praktisch ein sinnloser Tod. Und gerade bei diesem Gedanken: es engagieren sich ja nicht nur Frauen, es engagieren sich auch Männer. Und das hat die Louise Otto-Peters hervorragend verstanden. Ihre Verleger waren Männer. Also, es ist kein Geschlechterkrieg. Und das geht auch nicht.

 

I: Wie haben Sie denn als Gesellschaft die Stadt Leipzig als politischen Akteur erlebt? Und welche Rolle hatte die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt?

 

B: Frau Lapön? Also Frau Lapön hat alles getan, was möglich war. Mehr kann ich aus der Ferne nicht sagen, die hat uns nie im Stich gelassen. Und ich hatte, als ich noch in der Gesellschaft war, ich bin ja noch in der Gesellschaft, einen sehr guten Eindruck. Und das ist auch eine energische und durchsetzungsfähige Persönlichkeit. Und die nimmt auch Anteil an der Geschichte, die kennt ihre Vereine genau, denke ich. Und immerhin ist… Ich weiß ja nicht, sie kommt ja wohl aus Ungarn? Wissen Sie nicht? Es ist auch nebensächlich.

 

I: Wie haben Sie denn den Kampf um das Henriette-Goldschmidt-Haus erlebt?

 

B: Das war vernichtend. Das war eigentlich das, was ich bis heute nicht verkraften kann. Einmal dadurch, dass ich so mit dem Haus verbunden war. Zum anderen auch, wir hatten schon drüber gesprochen, ist es ja Stiftungseigentum. Insofern hätte es auch nie abgerissen werden dürfen. Nur, wir hatten keinen Einfluss darauf, aus unterschiedlichen Gründen. Wir konnten uns keinen Rechtsanwalt leisten. Und insofern waren die Herren etwas voreilig. (lacht) Die Stadt hatte geplant, ausgerechnet an dieser Stelle, die engste Stelle der Straße, die Straße zu verbreiten. Das hatte uns der Herr Lüttge-Dalltrup so vorgestellt. Es gab ein Modell. Die Straße kann nie verbreitert werden, weil ja rechts und links Bürgerhäuser stehen. Das ist die Käthe-Kollwitz-Straße. Über die Friedrich-Ebert-Straße fahre, dann kommt dieses enge Stück bis zur Waldstraße. Dann ist die Straßenplanung heute ganz, ganz anders. Die Ausfallstraßen zum Beispiel. Es ist wirklich völlig unrealistisch. Und dann kam dazu, weil es Stiftungseigentum war, hätte man ja die Stiftungsmittel nutzen können. Es war nicht gewollt. Das Henriette-Goldschmidt-Haus war baufällig, das stimmt. Ich habe es ja selbst erlebt. Jetzt hat man es abgerissen und die Fassade wieder neu gebaut. Und was ist es? Teure Wohnungen. Das ärgert mich. In der vorigen Woche war in der Leipziger Volkszeitung ein Artikel, wie viele Bürogebäude bei uns gebaut werden. Und da war unter anderem die Rede davon, dass die Dienststelle fürs Gesundheitswesen auch in ein neues, schönes Bürogebäude umzieht. Aber dort, wo das Gesundheitswesen bisher war, ist eine hochwertige Villa.

 

I: Wie haben Sie denn den Abriss des Hauses erlebt und hat das die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft verändert?

 

B: Verändert? Eigentlich nicht. Wir mussten uns etwas Anderes suchen. Wir sind immer noch da. Und das ist schön. Ich kann mich noch erinnern, als Johanna Ludwig oder auch Susanne Schötz gesagt haben, sie schaffen das es nicht mehr. Da hatte man mit dem Gedanken gespielt, dass man die Gesellschaft mit der MONAliesA vereinigt. Die MONAliesA ist gut, aber keine Louise. (lacht) Oder auch mit der Frauenkultur. Es ist alles schön und auch richtig und wichtig. Aber es ist eben nur Kultur. Wenn ich sage, „nur Kultur“, Kultur hat einen großen Einfluss. Ja, aber man kann nicht alles in einen Topf schütten, es muss schon ein bisschen spezialisiert sein.

 

I: Wie würden Sie das Verhältnis unter den aktiven Mitgliedern der Gesellschaft beschreiben?

 

B: Sehr, sehr gut. Soll ich Ihnen verraten, warum? Heute 15 Uhr kommen Frau Kunze, Frau Laib, Frau Rothenburg, Frau Garz, das ist eine Seele, und auch Frau Hilbert. Frau Hilbert ist ja nun verwitwet. Das haben Sie vielleicht gehört? Und da machen wir Kaffeeklatsch.

 

I: Würden Sie sagen, dass Sie über die Aktivitäten für die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft Freundinnen gefunden haben?

 

B: Ja, auf jeden Fall. Wir sind doch, wenn man so will, eine bunt zusammengewürfelte Truppe. Wir kannten uns nicht. Jeder hat einen anderen Beruf, jeder ist unterschiedlich alt. Und wir haben uns trotzdem von Anfang an verstanden. Es war klar, wenn die Frau Garz sagte, das mache ich, dann machte sie das. Und wenn ich sage, das mache ich, dann mache ich das. Da gab es keine Streitereien und da gab es keinen Neid oder irgendwie, dass einer wichtiger war als andere. Es waren alle wichtig.

 

I: Welche Themenfelder haben Sie sich durch die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft neu erschlossen? (B: Welche Themen?) Ja. Also, auf welche Ideen sind Sie gekommen? Oder welchen faszinierenden historischen Persönlichkeiten sind Sie begegnet durch Ihre Arbeit in der Gesellschaft?

 

B: Also ich habe mich vor allen Dingen für die Gäste interessiert, die bei Louise Otto-Peters donnerstags anwesend waren. In dem Buch von… Da weiß ich doch, was ist das für ein Mensch ist. Also ich habe zum Beispiel Vorstellungen von Auguste Schmidt. Ich habe auch Vorstellung von (unverständlich). Oder… Wer war noch dort? Oder die Grußadresse, die zur Eröffnung gehalten wurde, war das Liebknecht oder Bebel? Von Männerbildungsverein. Das ist auch schon ein Stück Geschichte, das die Männer das Grußwort für diese Eröffnung machten. Es gibt es.

 

I: Hat das Engagement für die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft Ihr Verhältnis zu gegenwärtigen frauenpolitischen Fragen verändert?

 

B: Das eine sehr schwierige Frage. Ich lebe nämlich seit 2015 hier. So. (lacht) Aber in meiner aktiven Zeit bin ich etwas kritischer geworden. Es war in der DDR üblich, wir waren alle irgendwie verbunden. Und man musste ja mit denen auskommen, mit denen man zusammenarbeitet. Und ich bin dann, als die Wende kam, sehr enttäuscht von anderen Frauen gewesen. Weil sie nicht ehrlich und offen waren. Und jetzt achte ich darauf, mit wem ich Umgang pflege. Das ist schon wichtig. Wir hatten mal hier im Haus eine kleine Gruppe von Frauen. Wir trafen uns jeden Dienstag etwa zwei Stunden. Die eine strickte, die andere häkelte, die andere machte diese Bilder, die man zusammensetzen kann. Ich weiß nicht, wie das heißt. Da gibt es so Vorlagen, wo man irgendetwas legen kann. Und eine Partnerin, die spielte mit mir Würfelspiele und solche Spiele. Domino. Und da hat sich eine aufgeregt, dass wir spielen: „Sie können doch auch stricken!“ Ich konnte nie stricken. (lacht kurz) Also, ich achte darauf, dass ich vor allen Dingen mit Menschen zusammenkomme, die mir auch etwas geben. Und nicht ein so leeres Geplauder. Und da bin ich in der glücklichen Lage. Das kann ich bei meiner Familie.

 

I: Wenn Sie von ihrer Familie sprechen, wie haben Sie denn das Verhältnis zwischen Ihrer Familie und dem Engagement für den Verein erlebt? (B: Der Familie?) Ja, Ihrer Familie und das Engagement für den Verein.

 

B: Also zunächst erst einmal die Sommerausflüge. Da waren auch immer die Männer dabei. Dann kann ich sagen, mein Mann hatte mir dazu geraten. Als ich dann von dem Sonntagsspaziergang durch das Rosental kam, hat er gesagt: „Geh hin und sieh zu, was die machen.“ Und dann hat mein Mann auch die Werbetafel zusammengezimmert, mit denen Johanna durch sämtliche Bundesländer reiste. Also nicht gestaltet, sondern regelrecht zusammengezimmert. Meine Tochter, die hatte zu dieser Zeit die Aufgabe, die Büros der Studienhilfe aufzubauen. Nein, die Lernhilfe. Ich weiß es nicht. Es gab doch den Lernhilfeverein, wo man Nachhilfeunterricht gab. Und da hatte sie hier in Leipzig ein Büro und die Räume einzurichten. Und da waren Tischplatten so in Pappe eingeschweißt. Und die hat mein Mann genommen und hat daraus die Werbetafeln entwickelt. Also ich hatte nie Schwierigkeiten. Oder gerade die Jahresabrechnung. Wenn am Jahresende die Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft addiert werden mussten, half mein Mann mit einem kleinen Taschenrechner. Und wenn ich es dann zu Hause sortierte, ich hatte Quittungen und Belege, es gab nie Probleme. Und das vielleicht noch abschließend, meine Enkeltochter hat neulich gesagt: „Ja, weißt du, wenn du nicht gewesen wärst, dann hätten wir gar nichts von der Louise Otto gewusst.“ Die hat mich auch einmal zur Abendunterhaltung begleitet in der Nikolaischule, als eine Schriftstellerin ihr Buch vorstellte. Es geht vom Inhalt her um die Tante von Louise Otto-Peters. Und der Titel heißt: „Ich habe Licht gebracht.“ Es war eine sehr schöne Veranstaltung. Ja, aber sie gehen trotzdem unterschiedliche Wege. Können sie auch gehen.

 

I: Als letzte Frage, ist Ihnen noch irgendwas wichtig? Möchten Sie noch irgendwas erzählen, was Ihnen vielleicht gefehlt hat?

 

B: Ja, ich möchte sagen, die Arbeit in der Gesellschaft möchte ich nicht missen. Es war noch einmal im Alter eine neue Lebenserfahrung. Und ich hatte das Gefühl, dass ich etwas Nützliches gemacht habe. Das ist mir wichtig.

 

I: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Ende