fem/pulse 2023: Revolutionär – Widerständig – Politisch!

Einladung zu den Abendunterhaltungen der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V.

Abendunterhaltungen – Ein feministischer Freiraum in Leipzig

Leipzig vor über 150 Jahren – eine Stadt des Widerstands, der Revolution und der Politik. Eine Stadt, in der sich Frauen gegen ihre Unterdrückung auflehnten. Für zahlreiche feministische Bestrebungen, wie für das Recht auf höhere Bildung, das Recht auf weibliche Erwerbsarbeit und das Recht zu wählen, wurden in den Straßen und in den Gebäuden der Stadt gekämpft. Zum Beispiel bei der überregionalen Frauenkonferenz 1865. Nach zwei Tagen der hitzigen Diskussion wurde hier der Allgemeine Deutsche Frauenverein (ADF) gegründet – ein Ereignis, das heute als Beginn der organisierten Frauenbewegung in Deutschland gehandelt wird. Unter der Leitung von Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt war es ein Zusammenschluss, um Frauen aus ihrer unterdrückten Lage zu befreien, wobei Bildung als das Mittel angesehen wurde, um sie zur aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen Geschehen zu befähigen. 

Doch wie konnten die ersten Akteurinnen in einem patriarchalen System, in welchem für Mädchen nach der Konfirmation kein weiterführender Bildungsweg vorgesehen war, Frauen einen Zugang zu höherer Bildung einschließlich eines universitären Studiums gewährleisten?

Frauen wie Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt wurden aktiv und fingen an, neue Räume zu schaffen, in denen Frauen sich untereinander bilden, helfen und austauschen konnten. So gründete Louise Otto-Peters 1866 zusammen mit Jenny Heynrichs das vierzehntägig erscheinende Vereinsorgan des ADF Neue Bahnen - und der Name war Programm:

„Nicht die Sucht nach pikantem Unterhaltungsstoff“ sollte gestillt werden, vielmehr „…haben wir dies Blatt gegründet, damit wir die große Frage der neuen Frauenbewegung, ihre Berechtigung, ihrer Grundzüge, ihrer Bestrebungen und ihrer Resultate vor aller Augen offen darlegen, Irrthümer berichtigen, unklare Vorstellungen aufhellen und unsere Ansichten über die Stellung der Frauen, über ihre Rechte und Pflichten entwickeln können.“

In den Neuen Bahnen wurde auch über die sogenannten „Abendunterhaltungen” berichtet, die der Leipziger Frauenbildungsverein ausrichtete. Es waren Abendveranstaltungen, zu denen u.a. Louise Otto-Peters, Auguste Schmidt und Henriette Goldschmidt einluden. Frauen wurde der Zugang zur Universität Leipzig bis 1906 erschwert bzw. grundsätzlich verweigert, also schufen sich die Frauen selbst einen Raum, wo sie fachliche Vorträge halten konnten. Bei einem künstlerischen Rahmenprogramm wurde von Frauen über Aktuelles, Vergangenes und Zukünftiges referiert – immer mit dem Fokus auf der Stellung der Frau zu diesen Themen, wobei jeder Vortrag von Gesang oder Klaviermusik begleitet war und nicht selten auch Gedichte rezitiert wurden. Ende Juni 1866 hielt Louise Otto-Peters z.B. einen Vortrag mit dem Titel „Pflichten der Frau bei der gegenwärtigen Kriegsgefahr”, während Clara Schmidt Lieder von Schubert, Schumann und Mendelsohn vorsang (Heft 13, S. 104). Die Titel der Vorträge wie „Freiheit, die ich meine” von Ulrike Henschle (Heft 17, S. 135) oder „Befreiungskriege der Niederlande” von Auguste Schmidt (Heft 18, S. 144) lassen vermuten, dass die Abendunterhaltungen auch Möglichkeiten zum kritischen Austausch über das tagespolitische Geschehen boten.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1993 knüpft die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. an diese Idee an und lud schon zu zahlreichen Abendunterhaltungen ein. In 2023 wird die Tradition unter dem Motto ”Revolutionär – Widerständig – Politisch“ fortgeführt und Sie sind herzlich zu unseren diesjährigen Abendunterhaltungen mit einem vielfältigen Programm aus Literatur, Musik, Film und einem politischen sowie feministischen Anspruch eingeladen.